In Frankfurt hat sich eine Menschentraube versammelt, Fans der deutschen Nationalmannschaft recken die Hände in die Luft, Fußballprofi Toni Kroos wirft T-Shirts in die Menge. Eingerahmt wird die PR-Aktion von zwei Adidas-Kleinbussen, großflächig foliert mit den Trikotfarben. Was bei der Überraschungsaktion wahrscheinlich kaum einer wusste: Hinter dem Design für die beiden Fahrzeuge steckt ein Grafiker aus Kernen. Auch Andreas Dümmel selbst will über die doch ziemlich sichtbare Aktion gar nicht viele Worte verlieren. Für ihn sei das eher ein „Schnellschuss“ gewesen – Aufträge aus dem regionalen Mittelstand seien für ihn persönlich viel wichtiger, betont der 51-Jährige.
Andreas Dümmel: Seit 2016 selbstständig, das Home-Office als Wirkungsstätte
Seit 2016 ist Andreas Dümmel als Grafiker selbstständig, er arbeitet vom Home-Office aus – nicht, weil er dieses Modell einer herkömmlichen Büroatmosphäre gegenüber bevorzugt, sondern weil es sich für ihn einfach finanziell nicht rechnen würde, einen Raum anzumieten. Zwischen dem Mittagessen mit der Familie und besonders langen und stressigen Arbeitsphasen, wenn zum Beispiel für einen seiner Auftraggeber eine Messe ansteht, versuche er, an einem ganz normalen, geregelten Arbeitstag festzuhalten. Arbeiten mit dem Laptop auf dem Balkon sei eher nichts für ihn, erzählt Andreas Dümmel.
Ansonsten mache es für ihn aber überhaupt keinen Unterschied, von wo aus er arbeite – und allemal ziehe er das „überschaubare“ Kernen, seine Heimatgemeinde, jeder Agentur und jedem städtischen Umfeld vor: „Ich bin auf jeden Fall kein Großstadt-Mensch.“
Seine Auftraggeber kommen aus allen Branchen
Andreas Dümmel ist in Kernen aufgewachsen und war, bis auf einen kurzen Abstecher nach Stuttgart, auch immer hier ansässig. Schon als Kind habe er unheimlich gerne gezeichnet, zuerst sei ihm eine Laufbahn als Comic-Zeichner (einige erinnern sich vielleicht auch noch an Dümmels „Coroni“-Comics während der Pandemie) oder Illustrator vorgeschwebt. Während seiner Ausbildung zum Grafikdesigner habe er dann schnell gemerkt: Ihn interessiert mehr als nur das Zeichnen. Farben, Formen, die Interaktion mit den Unternehmen und das Hineinversetzen in die jeweilige Firmenidentität, die nach außen getragen werden soll, faszinieren ihn bis heute.
Seine Auftraggeber kommen aus den verschiedensten Branchen. Meistens sind es Betriebe aus dem Mittelstand, Industrie, Handwerker, Praxen, aber auch Steuerberater, Gastronomen, Weingüter oder Spirituosenhersteller gehören zu seinen Kunden. Auch einige Betriebe aus Kernen und aus dem näheren Umkreis sind darunter. Dabei sei seine persönliche Philosophie, mit viel Gefühl an die Aufträge heranzugehen: wirklich herauszufinden, was ein Kunde braucht – selbst wenn das nicht immer genau mit dem übereinstimme, was ein Auftraggeber anfangs möchte. Hier gehe er auch gerne mal in die Diskussion, vor Reibung habe er keine Scheu, sagt der 51-Jährige. Meistens zahle sich das aus und der fertige Entwurf erzeuge dann auch den gewünschten Aha-Effekt. Da höre er vom Kunden dann häufig: „Gut, dass du uns überredet hast.“
Grafiker Andreas Dümmel betreut seine Kunden oft über mehrere Jahre hinweg
Dieser Ansatz scheint für ihn zu funktionieren: Entgegen dem eigentlichen Trend könne er sich aktuell trotz Inflation, Fachkräftemangels und anderer hemmender Einflüsse über eine Steigerung bei der Auftragslage freuen, sagt der Grafikdesigner.
Bei seinen Corporate-Designs geht es meistens um viel mehr als nur bedruckte Firmenfahrzeuge: Andreas Dümmel überarbeitet die Logos, entwirft den Firmenauftritt neu, denkt sich ein Gesamtkonzept für Flyer und anderes Werbematerial aus. Oft betreut er die Firmen dabei über mehrere Jahre. Tendenziell müsse er zunehmend mehr Zeit einplanen für einzelne Aufträge, berichtet der 51-Jährige. Das habe vielleicht auch damit zu tun, dass die Firmen gerade insgesamt ziemlich viel um die Ohren haben.
Auftrag für Adidas-Busse kommt über befreundete Agentur aus Stuttgart
Einige seien schon immer der Meinung, dass es auch ohne Grafiker irgendwie gehe. „Man kann auch in Jogginghose rausgehen“, sagt Andreas Dümmel dazu. Die Frage sei nur, welchen Eindruck das macht. Mode und Grafikdesign könne man in dieser Hinsicht durchaus miteinander vergleichen, findet Andreas Dümmel. Er ist überzeugt, dass ein gutes Corporate-Design, bei dem alles zusammenpasst, Firmen auf jeden Fall nützt: „Weil die Leute so schneller einen Zugang haben“, sagt er über die Wirkung nach außen. Neben den Einzelauftraggebern aus dem Mittelstand arbeitet Andreas Dümmel seit zwei Jahren auch mit der befreundeten Agentur „0711 Livecom“ aus Stuttgart zusammen, die ihrerseits viele bekannte Marken und große Kunden als Auftraggeber hat.
Auf diesem Weg ist der Grafiker aus Kernen auch an den Auftrag für die beiden DFB-Trikot-Fahrzeuge gekommen. Adidas habe kurzfristig bei der Stuttgarter Agentur deswegen angefragt, die wiederum habe sich daraufhin bei ihm gemeldet: „Hast du nächste Woche Zeit?“, hätten die Kollegen gefragt.
Der Kernener sagte zu. „Ich bin schnell“, sagt er grinsend. Nur sieben Tage seien vergangen zwischen dem Anruf, der Arbeit an seinen Entwürfen, der Folierung und der Auslieferung der beiden Kleinbusse, berichtet Andreas Dümmel.
